Hiroshi Sugimoto

Heinrich Paul.

Vortrag und Hausarbeit Mittelseminar SS 2003. Fotografie – Zur Geschichte eines Mediums in der Kunst(II).
Universität Erlangen-Nürnberg. Kunsthistorisches Institut
Dozent Prof. Dr. Hans Dickel.

 Das fotografische Bild der Natur bei Hiroshi Sugimoto

  Inhaltsverzeichnis

1. Annäherung
2. „Seascapes“
2.1   Wie fotografiert man Luft? –
von technischer Perfektion und dem Gleichklang der Elemente
2.2   Fotografisch entwickelte Zeit und „Schöpfungsmorgen“-
2.3   Horizontale Teilung und „Schwingende Leere“ Minimalismus und Romantik
begegnen sich
2.4   Von Bildern, die „geglaubt“ werden
Seascapes von Hiroshi Sugimoto und Gerhard Richter
2.5  Präzise Unschärfe
3.   „Dioramas“
3.1  Realität und Schein: Historisches zu Dioramen und Panoramen
3.2  Der Fotograf der Urgeschichte, oder ein „Reiseführer für Außerirdische“
4.    Sugimotos Schweben zwischen Visualität und Virtualität
5.    Abbildungsverzeichnis
Die Daten der Abbildungen sind im Verzeichnis genau angegeben und können,
falls Interesse besteht, im Internet recherchiert und aufgerufen werden.

Sie können leider aus rechtlichen Gründen in dieser Darstellung nicht abgebildet werden.

—————————————————————————

1. Annäherung

Hiroshi Sugimoto wurde 1948 in Tokio geboren. Nachdem er Politik und Soziologie studierte, verließ der Künstler mit 22 Jahren seine Heimat. In einem Interview heißt es, dass er die ganzen Erwartungen der Familie hinter sich lassen wollte, um mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen. Am Ende blieb er in Kalifornien und begann in Los Angeles das Kunststudium zu einer Zeit als Minimal- und Konzept-Art die Kunstszene beherrschten. Beide Kunstrichtungen hatten Einfluss auf sein gesamtes Œuvre. In seinem Studium legte er großen Wert auf die handwerkliche Ausbildung zum kommerziellen Fotografen. Ihn interessierten die technischen Anwendungen, sowie Autodesign und Werbung. Seit 1974 lebt Sugimoto in New York und Tokyo.[1]

Seit 1980 lichtet er Meeresansichten oder Seacapes auf allen Erdteilen ab und ab 1976 fotografiert er in Naturkundlichen Museen Dioramen, beide Serien stehen im Mittelpunkt meiner Überlegungen. Jeweils ein Bild aus der Theater- und Architekturserie soll diese Betrachtung abrunden. Andere Serien, wie die der Wachsfigurenkabinette, der Kiefernbäume oder der Skulpturen eines buddhistischen Tempels, werden ich im Rahmen dieser Arbeit nicht mit einbezogen.

In den Seascapes kommt Sugimotos äußerst reduzierte Bildsprache zum Tragen, die ohne störende Details arbeitet, trotzdem erreicht er eine große Vielfalt im Ausdruck. Die Bilder zeigen das große handwerkliche Können und besitzen eine ästhetische Präsenz. Da die Seascapes von Sugimoto nicht nur als reine Naturdarstellungen, sondern auch unter religiösen Aspekten gesehen werden können, bietet sich eine vergleichende Betrachtung mit Caspar David Friedrich und Mark Rothko an. Die von Fotos abgemalten Seascapes von Gerhard Richter werde ich ebenfalls den Meeresstücken von Sugimoto gegenüberstellen.

Die Dioramen sind ein Spiel von Wirklichkeit und Fälschung. Sugimoto sagt, dass es wissenschaftliche Märchen sind. Ein kurzer Exkurs zum Thema Panorama und Diorama soll den kunsthistorischen Hintergrund beleuchten. In den Serien der Dioramen und den Seascapes setzt sich Sugimoto mit dem Thema Zeit auseinander, ebenso wie in seinen Bildern der Autokinos.

2. „Seascapes“
2.1 Wie fotografiert man Luft? –
von technischer Perfektion und dem Gleichklang der Elemente

Der japanische Künstler legt sehr großen Wert auf solides Handwerk. Er fotografiert hauptsächlich mit einer großformatigen, amerikanischen Holzkamera aus dem 19. Jahrhundert.[2] Damit schließt er sich fotografischen Vorstellungen an, die vor ihm schon ein Bill Brandt, ein Weston, Cartier-Bresson oder Robert Frank hatten. Alle arbeiteten mit älteren Kameras. Sie leitete die Sorge, je automatisierter eine Kamera sei, umso mehr entstehe das Gefühl einer Bewaffnung, außerdem soll der Kult der Schnelligkeit im besseren Sehen ein Hindernis für die Kreativität sein.
Das Verwenden einer Großformatkamera erfordert nicht nur gute Vorplanung, sondern Ruhe und Zeit beim Fotografieren. Großformatige Negative verlangen saubere, ausgefeilte und präzise Verarbeitung, im traditionellen Verfahren werden sie als Silbergelatinefotografien verarbeitet. Allein die Planlage des Negatives bei der Aufnahme, sowie des Barytpapieres beim Vergrößern verlangen eine exzellente Beherrschung der Technik. Der Informationsgehalt eines Negativs von 10×12 Zoll ist außerordentlich groß. Wenn man bedenkt, dass die ersten Seascapes in einer Größe von 50,8×61 cm abgezogen wurden, so war sein Ausgangsnegativ mit 26×31,2 cm bereits halb so groß wie das Endprodukt. Die Negative der Seascapes sind fast zehnmal größer als ein Kleinbildnegativ. Sugimoto stellt höchste Ansprüche an die Rahmungen und legt größten Wert auf sorgfältige Retuschen. Seine Assistentinnen arbeiten im Studio akribisch an der Retusche. Kleinste Störungen auf den Abzügen, minutiöse Flecken die bei der Verarbeitung auftreten (z. B. Staubkörnchen), werden mit traditionellen Praxis der Atelierfotografie ausgebessert. So wie ich persönlich damit gearbeitet habe, wird mit einem Rotmarderpinsel und dessen feinster Spitze der Flecken mit Eiweißlasurfarbe dem Ton seiner Umgebung angepasst, welches bei großformatigen Bildern außerordentlich aufwendig ist. Handwerkliche „Vollkommenheit“ sind sein Anspruch und das entscheidende Fundament seiner Kunst. Zu seinen Meeresstücken sagt Sugimoto: „In technischer Hinsicht sind die Seascapes wirklich die schwierigsten Stücke, obwohl sie überhaupt nicht so aussehen (…) In der üblichen Naturphotographie gibt es eine Menge Bäume oder Berge oder andere Gegenstände. Wenn man aber die Luft photographieren will, wie macht man das? Luft ist einfach durchsichtig. Da gibt es nichts zu sehen. Deshalb braucht man eine hundertprozentig saubere Entwicklungsmethode, sonst tauchen alle möglichen anderen Dinge im Negativ auf, Unebenheiten in der Filmschicht beispielsweise oder auch Staub. Um etwas Minimales wiederzugeben, muss man extrem sorgfältig arbeiten. Das ist, wie wenn man den Insekten auf dem Feld zuhört. Wenn da ein Lastwagen vorbeirumpelt, hört man überhaupt nichts.“[3] Für die Ausstellung in Bregenz wurden die Fotos erstmals in der Größe von 182×152 cm auf Silbergelatine-Barytpapier abgezogen, technisch eine Meisterleistung. Sind die früheren Formate von 51x61cm in einer Auflage von jeweils 25 Stück abgezogen worden, so sind es jetzt großformatige Tafeln, die signiert und nummeriert in einer Auflage von 5 Stück vergrößert werden.

Bei dem Bild „Karibische See“ (Abb.1) aus der Anfangszeit der Serie wird das Bild in der Mitte durch die Horizontlinie in eine dunklere und eine hellere Hälfte geteilt. Der Horizont bildet eine scharfe Linie, die wie mit dem Lineal gezogen scheint. Das Bild wird optisch in die beiden Elemente Wasser und Luft geteilt. Das Meer zeichnet sich dunkel ab, während der Himmel besonders hell und überbelichtet auf der dunklen Meeresoberfläche steht. Auf dem Wasser sind sehr kleine, kontrastreiche Wellenbewegungen zu sehen. In anderen Aufnahmen verschwimmt die Teilung durch den Horizont, als ob Himmel und Meer ineinander übergehen und einen Verlauf bilden. (Abb.2) Der Horizont verschwindet im Einheitsgrau, der Vordergrund lässt Wellengang ahnen. Die Augen wandern im Bild und erkennen nur wenige Details, es sind fotografische Bilder, die sich einer Erzählung oder Interpretation entgegenstellen.

Sugimoto fotografierte die unterschiedlichsten Ozeane dieser Erde und bereiste jeden Kontinent. Er hat das Meer immer in gleichem Zustand der Ruhe und mit gleicher Brennweite und Position abgelichtet. Wie nur wenige Fotografen bereitet er seine Aufnahmen minutiös vor, stimmt Licht, Tageszeit, Belichtungsdauer, Sonnenstand und den Mondstand bei Nachtaufnahmen aufeinander ab, positioniert die hölzerne amerikanische Kastenkamera immer so, dass zwei gleiche Flächen entstehen und andere Hinweise der Umgebung ausgeblendet werden. Die Bilder erwecken den Eindruck als handle es sich, mit geringfügigen Änderungen, um dieselben Aufnahmen. Ihre Titel führen uns über Kontinente. Der Himmel über dem japanischen Meer (Abb.3) ist durchsichtig Grau. Auf dem Wasser ziehen gleichförmig Wellen, die sich zum Horizont hin in der Grenzenlosigkeit aufzulösen scheinen.

Sugimoto erinnert in seiner Art über Kontinente zu ziehen an den amerikanischen Fotografen Watkins, der um 1860 mit einer Plattenkamera die „unendliche“ Weite Amerikas durchstreifte. Sugimoto sucht, unserer Zeit entsprechend, die „globale Weite“. Watkins arbeitete mit langen Belichtungszeiten, das bei ihm noch rein technisch bedingt war, während Sugimoto dies bei einigen Aufnahmen als Stilmittel wählt. Watkins versuchte durch die Gestaltung des Vordergrundes, zum Beispiel durch Bäume, eine Tiefe im Bild zu erzeugen, damit der Blick des Betrachters in die Landschaft hineingeführt wird. Sugimoto vermeidet in den Seascapes Tiefenwirkungen. Meeresoberfläche und Himmel sind auf einer Ebene, etwaige Gegenstände, Bäume, ein Strand, Vögel, Schiffe, leichte oder dramatische Wolken gibt es auf keinem Seascape.

Im Gegensatz dazu hat der Fotograf Alain Buttard[4] einen völlig andern Blick auf das Meer. Er verwendet in seiner Serie „L´atelier inaccessible“ sparsamste Mittel und dennoch zeigt er Tiefe und Bewegung. (Abb.4 u.5) Beide Bilder sind, ähnlich wie bei Sugimoto, in der Mitte geteilt, aber im zartesten Chamois abgezogen. Man sieht unterschiedliche Wolkenformationen. Ein Bild ist vom Wasser aus fotografiert und statt des Horizontes teilt die Strandlinie das Bild in der Mitte. Es erweckt den Eindruck, als ob der Fotograf vom fahrenden Boot aus mit einem Weitwinkel fotografiert habe. Die Wasserspur hinter dem fahrenden Boot verjüngt sich zum Strand hin und erzeugt Bewegung und Tiefenwirkung. Das andere Foto ist vom Strand aus aufgenommen. Durch den Weitwinkeleffekt werden Weite und Tiefe suggeriert, gleichzeitig schaffen die Fußspuren im Vordergrund Nähe. Eine kleine dunkelbraune Linie bildet den Mittelgrund des Bildes. Vergleicht man die Bilder von beiden Fotografen erkennt man, was Sugimoto kennzeichnet: Seine „Landschaft“ ist fast ohne Detailwiedergabe, sie wird regelrecht abstrahiert und dadurch überhöht. Sie weist über sich hinaus, sie ist Landschaft und noch mehr. „Die Serie hat ihm den Ruf eingebracht, ein Nachfahre der Minimal Art und ein Konzeptkünstler zu sein, der möglicherweise zwanghaft an verschiedenen Orten jeweils das Gleiche ablichten muss.“[5]

2.2 Fotografisch entwickelte Zeit und „Schöpfungsmorgen“-
Minimalismus und Romantik begegnen sich

 Für Bregenz hat Sugimoto einen Text geschrieben, der an eine Kindheitserinnerung anknüpft, an eine frühe Begegnung mit dem Meer, die gleichsam zu einer Selbsterfahrung und Bewusstwerdung geworden ist: „Eine Meereserinnerung – ich bin ganz sicher, dass es eine Erinnerung an das Meer ist. Nicht eine Wolke am Himmel, ein scharf umrissener Horizont, endlose Wellen, die von weit her heranwogen. Als ich dieses Bild sah, war mir, als ob ein Teil meines kindlichen Bewusstseins aus einem langen Traum erwachte. Ich blickte auf meine Hände und Füße. Und dann war es, als ob ich mich selbst von oben betrachten würde. Als ob ich in diesem Meeresbild aufgegangen wäre. In jenem Moment begann mein Leben.“[6]

Das ewige Meer, eine Naturmetapher für die Geheimnisse von Grenzenlosigkeit und Unendlichkeit interessierte auch Caspar David Friedrich. Sugimoto war von Friedrich´s Bild auf Rügen angetan, denn „es ist wunderschön dort, mit weißen Kreidefelsen. Es ist ein sehr romantisches Gemälde – die Szenerie, das überirdische Glühen des Sonnenunterganges. Ein hinreißendes Bild. Ich bin allerdings nicht besonders romantisch.“[7] (Abb.6) Für das Bild „Baltische See“ (Abb.7) recherchierte er genau die Stelle an der Friedrich wohl gestanden haben könnte und „ich fand die Stelle“, so Sugimoto „anhand der weißen Kreidefelsen auf der rechten Seite des Gemäldes. Es ist interessant den gleichen Ausblick, die gleiche Blickrichtung zu teilen. Das Foto ist ein völlig anderes Seestück, aber es ist die gleiche Stelle – zwei Künstler, derselbe Ort, der gleiche Meeresblick, aber die Ergebnisse sind völlig verschieden.“[8] Wenn man weiß, dass Friedrich Landschaften aus angefertigten Naturstudien in seinem Atelier neu komponiert hat, stellt sich die Frage, wie Sugimoto zu solch einer Behauptung kommt?

Friedrich führt den Blick des Betrachters durch den oval angelegten Bildraum hinab auf die Weite des Meeres. Er schafft geistige Räume mit widersprüchlichen Empfindungen, vom Schwindelgefühl am Abgrund, vom Entzücken über die Landschaft bis zum Blick zu den Booten auf dem Meer, ein Sinnbild der Seelen, die der Ewigkeit zustreben. Friedrich symbolisiert Werden und Vergehen, stellt die für uns Menschen bemessene Zeit in ein anderes, ein größeres Zeitmaß.. „Das Meer steht für die Unendlichkeit, spiegelt den Himmel, der für Friedrich stets Himmel in religiösem Sinn ist und leitet den Blick des Betrachters nach oben und in die Ferne.“[9]

Sugimotos Seestücke beinhalten ebenso ein größeres Zeitmaß, denn der Blick auf die Meere hat sich in Millionen Jahren nicht geändert. Unser Blick auf den Horizont ist der wie in Urzeiten, genauso wie der in weiter Zukunft. Seascapes sind komprimierte Menschheitsgeschichte. Er fotografiert eine Sache wie sie ist, wie sie sich in diesem Moment zeigt und doch hält er eine endlose Zeit fest. „Time exposed“[10], so ein Ausstellungstitel von Sugimoto – fotografisch entwickelte Zeit. Thomas Kellein findet, dass die Fotos nicht nur ein Produkt von Jahren sind, „sondern inzwischen von Jahrzehnten der Sedimentierung.“[11] Sie erinnern an geologische Zeitdimensionen, mit der menschliches Leben und unsere Raumwahrnehmung existentiell konfrontiert wird. Die beiden Bilder sind Grund verschieden du gleichen sich doch, öffnet Friedrich das Bild aus der dunklen Umrandung zur Mitte ins helle Licht, verschließt Sugimoto das Bild in dunkler Ahnung. Sugimoto steht wie Friedrich als Betrachter am Abgrund, aus dem die Fragen nach den allerletzten Dingen kommen. Sein fotografischer Blick in das dunkle Grau der Ost-See, vermittelt ein uraltes Zeitverständnis, eine Zeit, die ein kosmisches und natürliches Maß hat.

Ein klassisches „Seascape“ ist oben hell und unten dunkel. Im Gegenzug hat sich Sugimoto ab 1990 Night Seascapes erarbeitet. Im Bild vom Roten Meer (Abb.8) ist der Horizont gerade noch wahrzunehmen, der Himmel ist völlig Dunkel, die Meeresoberfläche ist dagegen etwas heller. Das Foto des Ionischen Meeres (Abb.9) bildet trotz der dunklen Stimmung noch deutlich den scharfen Horizont ab. Es ist, als ob der Himmel sich öffnet und der „Schöpfungsmorgen“ sich ankündigt.

Friedrich hat die kleine Zeichnung „Meer mit aufgehender Sonne“ auch „Schöpfungsmorgen“ genannt. (Abb.10) Das in Sepia und Bleistift ausgeführte Werk zeigt kleine, flüchtige Schaumkronen und eine aufgehende Sonne, die Licht und Finsternis scheidet. Ein Urmythos, der auf die Erschaffung der Welt, auf den Anfang der Zeiten hinweist. Die Sonne im Zentrum wirft ihre Strahlen auf das Urmeer. Das Foto des Ionischen Meeres von Santa Cesarea, mit dem dämmrigen Schein am Firmament, lässt assoziieren, als könnten wir einen Blick in den Schoß aller Dinge werfen, als befänden wir uns genau am Scheitelpunkt von Tag und Nacht. Die Sonne kann nicht mehr weit sein, unbewohnte Natur im Urzustand bei Friedrich wie bei Sugimoto. Robert Rosenblum beschreibt Friedrichs Zeichnung: „Die Komposition – auf der vertikalen und der horizontalen Symmetrieachse aufbauend – ist so elementar wie das Thema selbst, und nicht weniger elementar sind die Formen innerhalb dieser Komposition in ihrer Reduktion auf den vollkommenen Horizont und den reinen Kontrast zwischen Luft und Wasser.“[12] Auch Night Seascapes haben eine ebensolche elementare Aura, Meer und Himmel in kompakter Form, allein reduziert auf den Horizont. Luft und Wasser bilden fast eine Einheit. Die nüchternen Abbildungen in ihrer Klarheit und Eindringlichkeit sind mehr als nur reine Naturwiedergabe. Im Foto vom Meeresstück des Kattegatts (Abb.11) kündigt sich der Morgen sehr deutlich an. Die Unbegrenztheit des Meeres wird langsam sichtbar. Sugimoto erhebt den Anspruch mit den Mitteln der Fotografie eine uralte kollektive Stufe der menschlichen Erinnerung zu verdeutlichen, zu bedenken, woher wir kommen und wie wir entstanden sind. Er spricht von seinen Erinnerungen, die ein „unendliches, diffuses, verschwommenes Urchaos ausloten, aus dem sich eine dünne fadenförmige Schnur entrollt. Ich hangle mich daran entlang und werde in die sonnenlosen Tiefen des Meeres hinuntergezogen, doch bin ich sicher, dass die Schnur irgendwo in weiter Ferne mit irgendwas verbunden ist.“[13]

Die „Seascapes“ rufen auch Assoziationen an Friedrichs „Der Mönch am Meer“ hervor. (Abb.12) Das Ölgemälde hat einen extrem einfachen, horizontalen Raum mit großer „abstrakter“ Prägnanz. Die außerordentlich kühne Leere hat nicht nur eine formale Nähe zu Sugimoto.           Bei Caspar David Friedrich fehlen Gegenstände und Anekdotisches. In der ursprünglichen Komposition Friedrichs waren einmal zwei Segelschiffe zu sehen, die von ihm übermalt wurden.[14] Einen Mittelgrund gibt es bei Friedrich wie bei Sugimoto nicht. Die Horizontlinie ist ungebrochen. Damit entsteht eine Konfrontation – aber auch eine Ergänzung – von Himmlischen und Irdischem. Bei dem romantischen Maler steht der Mönch zwischen Zeit und Raum auf dem kargen Strand des menschlichen Daseins. Sugimotos schweigende Leere lässt selbst die kleinsten Ansätze solcher Maßstäbe nicht zu. Das menschliche Maß bei Sugimoto ist sein Konzept, nämlich einen Katalog von Meereshorizonten in immer gleicher Formenstrenge anzulegen. Die Landschaften waren für Friedrich eine Allegorie, seine Symbole der spirituellen Botschaft werden heute mehr verstanden als 1809, als das Bild viel Missbilligung fand. Durch Sugimotos minimalistische Vorgehensweise werden die Meereslandschaften ebenso spirituell aufgeladen.

Die Abbilder des Fotografen mumifizieren das Meer, sind sich widersprechend, das Meer ist ein Sinnbild des Ewig-Fließenden und kein fotografisches Standbild, sie halten Ewigkeit fest und frieren gleichsam die Zeit ein; Fotos halten fest, zeigen winzige Ausschnitte der Wirklichkeit und befinden sich daher im Widerspruch zum Strom der Zeit und zur Form des Lebens. Es ist ein kunstgeschichtliches Phänomen, dass ein Künstler solche Beobachtungen mehr als zwanzig Jahre weltweit verfolgt. Es gibt rund 300 abgezogene, aber mehr als 500 aufgenommene Beispiele der „Seascapes“,[15] immer der gleiche Blick, ob am Bodensee (Abb.13) oder am Lake Superior. (Abb.14) Diese Einstellung weist auf die Vielfalt in Einem und stellt die Sinnfrage menschlicher Existenz angesichts der Unendlichkeit und Größe von Natur. Seine Meeresstücke verbinden Horizonte und Kontinente.

2.3 Horizontale Teilung und „Schwingende Leere“

Ein interessanter Vergleich ergibt sich von Mark Rothkos gemalten Bild „Untiteld“ von 1969 (Abb. 15) und Sugimotos „Bass Strait, Table Cape“ (Abb. 16) von 1997. Auffallend ist nicht nur die formale Übereinstimmung, die strenge Form des unbezeichneten Bildes von Rothko und der Meeresansicht von Sugimoto, sondern auch die inhaltlichen Klänge. Rothko war auf der Suche nach Urmythen, nach Urnatur. Seine Bilder, so formulierte er auch seinen Anspruch, sollten zu religiösem Erlebnis führen. Rosenblum spricht über Rothkos Bilder, dass sie den Betrachter an die Schwelle einer schwingenden Leere stellen, aus der jede greifbare Form verbannt ist“, und so Rosenblum weiter „gibt es auch hier metaphorische Anklänge an elementare Natur: horizontale Teilungen, die an die erste Scheidung zwischen Erde und Himmel oder Meer und Wolken denken lassen (…).“[16] Es existiert nichts und gleichzeitig übt der Raum eine enorme Präsenz aus.

Im Foto ist die Trennungslinie, die Himmel und Meer scheidet, wie ein feiner Kreidestrich gezogen. Der Lichtschein des Mondes erleuchtet das dunkle Wasser, der Himmel bleibt schwarz, als würde sich eine Umkehrung des hell-dunkel Verhältnisses von oben nach unten vollziehen. Die vom Mond beleuchtete Meeresoberfläche hat einen ebensolchen malerischen Charakter wie Rothkos Vordergrund. „Bass strait“ ist ein stilles Bild mit poetischer Imagination, mit „metaphorischen Anklängen“ und der „schwingenden Leere“ wie sie auch bei Rothko zu finden ist. Sugimoto sagt: „In den ‚Seacapes‘ beschäftige ich mich mit der Idee des allerersten Menschen auf dieser Erde. Er besitzt noch keine Sprache, aber ein Bewusstsein des eigenen Daseins. Er blickt auf den Ozean und es wird ihm auf einmal bewusst, dass es eine Trennung zwischen ihm und der Außenwelt gibt.“[17]

Die Darstellungen Sugimotos mit absolut reduzierten Flächen von Dunkel und Helligkeit, die atemlose Leere die sich unseren reizüberfluteten Augen entgegenstellt, mag beunruhigen. Sie ähnelt jener scheinbaren Leere im Bild des Mönches am Strand, das die damaligen Betrachter bestürzte, genauso wie die Bilder eines Fast-Nichts von Rothko das Publikum verunsicherte. Sugimotos Sparsamkeit des Ausdruckes steht gegen die Reiz- und Informationsüberflutung unserer Zeit. In Ereignisgesellschaften und ihren Erlebniswelten mit immer schneller wechselnden Höhepunkten ist die geduldige Weiterführung einer Serie über Jahrzehnte mit immer „gleichen“ Motiven ein beruhigendes und meditatives Erlebnis. Wer Darstellungen minimiert wie Sugimoto, etwas wegnimmt, öffnet gleichzeitig neue Räume.

2.4 Von Bildern, die „geglaubt“ werden können:
Seascapes von Hiroshi Sugimoto und Gerhard Richter

 Die Seascapes bieten sich nicht nur für einen kunstgeschichtlichen Vergleich mit Bildern aus der Romantik oder des abstrakten Expressionismus an, sondern auch mit einem Maler der aktuellen Moderne. In Interviews hat sich Sugimoto öfters über Gerhard Richter geäußert. Nachdem Richter Fotos malerisch vergrößert und seit 35 Jahren, trotz unterschiedlicher Stile, immer wieder Landschaftsbilder und Seascapes anfertigte, ist es aufschlussreich seinen Bildern die Fotografien Sugimotos gegenüberzustellen.

Die Malerei geriet in den 60er Jahren immer mehr in Konkurrenz zur Fotografie, ja ihr gingen regelrecht die Themen aus, denn die technischen Medien lieferten immer bessere, perfektere Abbilder der Realität. Neue fotomechanische und elektronische Reproduktions- und Übertragungstechniken stellten der Kunst die Frage: Was bleibt noch zu malen? Richter reagierte auf die Krise der Malerei, indem er sich fotografischer Vorlagen bediente. Durch malerische Umsetzung von Fotos wollte Richter diesem Trend das Einmalige, das Originalkunstwerk entgegensetzen. Sein Anliegen war es Zeichen gegen die Vorherrschaft der Massenmedien zu setzen, die das tägliche Bild prägen, als ob die Anschauung der Welt durch diese vorgegebenen Bilder die eigentliche Wirklichkeit sei. Sugimotos minimaler und konzeptioneller Ansatz Meeresansichten in immer wiederkehrender und gleicher Art und Weise darzustellen, für manche Aufnahmen eine Belichtungszeit von Stunden zu wählen und seine Weigerung schnelle Schnappschüsse zu fotografieren, kann ebenfalls als Reaktion auf die enorme Bilderflut aus Massenmedien verstanden werden. Hier treffen sich Sugimoto und Richter, die Wirklichkeiten neu aufschließen können.
Ab den 60er Jahren beginnt Richter mit seiner Landschaftsmalerei und in diesem Rahmen mit „Seestücken“ und „Wolkenbildern“, die alle romantisierend, stimmungshaft und subjektiv angelegt sind. Als Vorlagen benutzt er eigene „Amateur-Fotografien“. Trotz seines Stilwandels kehrt Richter immer wieder zu Seascapes zurück. So dienten ihm 1998 „Urlaubs-Fotos“ von der Ferieninsel Teneriffa als Vorlage für Seestücke (Abb. 17u.18), wie bereits 1969/70. (Abb.19 u.20)

Richter wie Sugimoto grenzen sich in ihren Landschaftsdarstellungen zur Rethorik des Erhabenen der deutschen Romantik ab, können aber die Faszination nicht leugnen. Richters Landschaftsbilder wie die vom Vesuv, oder die unwirtlichen Berge von Davos und Garmisch (Abb.21u.22u.23) drücken ein Naturschauspiel aus, das Attribute des Erhabenen in sich trägt, wie Dunkelheit, Größe, Unendlichkeit und Intensität des Gefühles verbunden mit „schrecklichem Schauer“. Sugimotos Serie der Meere hat eine ähnliche Ausstrahlung. Die feinen Wellen des japanischen Meeres, die zarten Grauschleier des Bodensees, das Ionische Meer bei Nacht mit magischem Horizont, oder das Mondlicht auf dem Bass Strait spiegeln Erhabenheit, obwohl sie noch reduzierter im Ausdruck sind als bei Richter und ohne jeglichen Bedeutungsträger im Bild selbst. Bei beiden Künstlern gilt, dass in ihren Landschaftsbildern keine Menschen auftauchen. Bei Richter ist es die delikate malerische Ausführung, die dem Erhabenen förderlich ist, während bei Sugimoto der minimalistische Perfektionismus diese Aura vermitteln kann.

So sehr sich Richter der Fotografie bedient, weil sie vom Betrachter immer mit Wirklichkeit gleichgesetzt wird und eine objektive Wiedergabe vortäuscht – „es geht mir ja nicht darum ein Photo zu imitieren, ich will ein Photo machen “[18] – so sehr misstraut er ihm. Er will durch das gemalte Bild und die Farbe eine sinnliche, neue Qualität schaffen. Der Wechsel des Mediums von Fotografie zu Malerei innerhalb eines künstlerischen Vorgangs und die enorme Vergrößerung des Gemalten im Verhältnis zum Ausgangsfoto sind für ihn ein wichtiges Stilmittel. Dies bedeutet aber, dass er dem Foto misstraut, ihm nicht die Ausdruckskraft eines gemalten Bildes zugesteht. Richter will Authentizität erreichen, indem er ein Urlaubsfoto, aufgenommen im Stile eines Amateurfotografen, verwendet. Sugimotos Ideal ist es absolut handwerklich vollkommene Bilder zu schaffen, „die heute ‚geglaubt‘ werden können. In diesem Sinne bildet die Fotografie mit ihrem althergebrachten Authentizitätsideal ein Instrument, das er als technische Steigerung des malerischen Könnens einstuft.“[19]

Der Umgang Richters mit Fotografie und Malerei interessierte Sugimoto, das Spiel mit Wirklichkeit und Täuschung begeistert ihn. Als Erweiterung seiner Theaterserie fotografierte der Japaner eine brennende Kerze mit geöffneter Blende über vier bis fünf Stunden. Er wollte das ganze Leben der Kerze erfassen und gleichzeitig den Wind festhalten, der die Flamme bewegte. Im Interview sagt er, dass ihn ein Bild dieser Fotoserie an Richters Gemälde erinnere. „Es ist eine Richterkopie, aber Richter kopierte sein Gemälde von einer Fotografie. Es handelt sich also um eine doppelte Fälschung (lacht). Seine ersten Leinwände waren nach fotografischen Vorbildern gemalt. Er malte fotoartige Schwarzweißbilder. Und ich habe seine farbigen Gemälde kopiert, nur dass die Oberfläche nach wie vor eine Fotografie ist. Richter täuscht etwas vor und ich kopiere es, aber ganz ohne Schuldgefühle (lacht). Wie wenn man einem Dieb etwas klaut. (lacht) Man hat kein schlechtes Gewissen.“[20]

Beide zeigen in ihren Landschaften und Naturausschnitten eine Wahrheit, die über die sichtbare Welt hinausgeht. Richter manipuliert durch Ausschnitt und Auswahl. In den Bildern Seestück (bewölkt) von 1969 (Abb.19) und Seestück (See-See) von 1970, (Abb.20) kombiniert er verschiedene Wasseroberflächen und Wolkenausschnitte aus verschiedenen Bildvorlagen. Im Letzteren ersetzt er den Himmel durch eine vertikal gedrehte Wasseroberfläche. Sugimoto sagt: „Ich bin nur der Fotograf. Aber ich verlasse mich nicht auf das optische Bild, sondern ergänze es ganz beträchtlich, ich manipuliere das Medium aus einer ähnlichen Haltung heraus wie ein Maler, der das Bild einer Camera obscura ergänzt. Kein Wunder, dass mir Vermeer immer so bekannt vorkommt (lacht).“[21]

Richter sagt, dass seine Landschaften seine Sehnsucht ausdrücken „vom Traum nach klassischer Ordnung und heiler Welt.“[22] In einer globalisierten Welt können Meerestücke Metaphern für ein Bedürfnis nach Wertbeständigkeit und Orientierung sein. Die Natur wird von Verkehr, Wirtschaft und Freizeitkultur dominiert, der Verlust des unmittelbaren Bezuges zur ihr, steigert den Wunsch die Entfremdung aufzuheben. Richter sprach 1985 „von einem Glücksanspruch auf private und unbeschwerte Naturerfahrung.“[23]

Friedrich hatte nicht nur mit der harmonisierenden und klassischen Kompositionsweise des 18. Jahrhunderts gebrochen, er stellte den abgenutzten Bildern der Kirchen eine neue Ikonographie entgegen, er verlagerte das Sakrale in die Landschaft und reduzierte Bildinhalte auf wenige Bedeutungsträger. Richter geht in seinen Notizen von 1964/65 noch einen Schritt weiter: „Die Kunst ist nicht Religionsersatz, sondern Religion (im Sinne des Wortes, ‚Rückbindung‘, ‚Bindung‘ an das nicht Erkennbare, Übervernünftige, Über-Seiende). Das heißt nicht, daß die Kunst der Kirche ähnlich wurde und ihre Funktionen übernahm (die Erziehung, Bildung, Deutung und Sinngebung). Sondern weil die Kirche als Mittel, Transzendenz erfahrbar zu machen und Religion zu verwirklichen, nicht mehr ausreicht, ist die Kunst, als verändertes Mittel, einzige Vollzieherin der Religion, das heißt Religion selbst.“[24]

Was die religiöse Interpretation des Werkes von Sugimoto betrifft, wird in der Literatur oft auf Einflüsse des Zen-Buddhismus hingewiesen, jedoch einen sogenannten Zen-Stil zu definieren trifft auf enorme Schwierigkeiten. Zsolt Petrányi hatte die Möglichkeit Sugimoto auf einer Tagung in Japan zu treffen, in seinem Essay: „Ist Zen ein Stil?“, schreibt er über den Fotografen[25]:„Wenn wir seine Meereslandschaften betrachten, sind wir uns einig, dass sie die beste Darstellung dessen sind, was wir als zeitgenössische Kunstform des Zen erwarten. Immer die gleiche Sicht, die niemals gleich ist. Wir sehen uns veranlasst, über Zeit und die wirkliche Natur der Zeit nachzudenken, die Einfachheit, Bedeutung in der natürlichen Umgebung zu finden. Wir sehen die Perfektion der fotografischen Ausführung des Künstlers, die uns die verborgenen Energien des Erschaffenden ins Bewusstsein treten lassen.“ (…) „Sugimoto benutzt den ästhetischen Begriff (…) im Sinne der Shinto Kunst und verweist auf diese als einzig wahre Tradition der japanischen Kultur und Kunst, die ihn beeinflusst habe. Er interessiert sich für einsame Meerlandschaften als Beweis dafür, dass die Zeit vergeht und doch gleich bleibt. Die Ansicht der Wasseroberfläche bleibt absolut gleich, genau wie in vergangenen Zeiten.“[26] Im Schintoismus bilden das Erleben der Seele, der Natur, sowie die damit verbundene Naturverehrung und der intensiv gelebte Ahnenkult das religiöse Fundament. In der japanischen Naturreligion ist vieles beseelt und wird als Sitz der Götter angenommen. Zahlreiche Brunnen, Quellen, Berggipfel werden kultisch verehrt. Naturerscheinungen und verehrungswürdige Plätze wie zum Beispiel die Gräber der Ahnen haben numinosen Charakter. Sugimoto berichtet in seinem Aufsatz „Noh such Thing as Time“[27] über seinen Besuch eines norditalienischen Friedhofes in einem kleinen Ort auf einer Steilklippe hoch über dem Meer. Er macht sich Gedanken über die verwitterten Grabsteine und jene kleinen, oft vergilbten Fotos hinter dem Glas. Das einsickernde Wasser setzte den Gesichtern so zu, dass man sie kaum erkennen konnte, was aber die Wirkung nur noch verstärkte. (Abb. 24) „Ich hatte das Gefühl, als wollten sie mir etwas mitteilen – mir, einem völlig Fremden, der nur zufällig vorbeigekommen war.“[28] Ein Foto ist wie ein Abdruck einer Maske, der Mensch verwelkt und stirbt, die Maske bleibt zurück, „so bewahrt die Fotografie die Hülse der menschlichen Seele, die in jene endlose Freiheit davongeflogen ist, die man Tod nennt.“[29]

Walter Benjamin spricht in seiner kleinen Geschichte der Fotografie von dem Phänomen, dass die „Wirklichkeit den Bildcharakter gleichsam durchsengt“[30]. Er bemerkt dies beim Betrachten einer Fotografie von zwei Menschen, einer der beiden Abgebildeten ist Monate später tot. Er entdeckt auf dem Foto, dass im Blick des Verstorbenen in „jener längsvergangenen Minute“[31], das Künftige nistet, das wir rückblickend entdecken können. Die „exakteste Technik kann ihren Hervorbringungen einen magischen Wert geben, wie für uns ihn ein gemaltes Bild nie mehr besitzen kann.“[32]

Sugimoto, der in Los Angeles studierte, ist außerordentlich gut vertraut mit europäischer und amerikanischer Kunstgeschichte. Er vergleicht sich in seiner Technik mit der altniederländischen Schule und ihrer Detailgenauigkeit. Vorbilder sind Dürer, Holbein, Memling, van Eyck. Er hat monatelang, Sonntag für Sonntag, zur Vorbereitung seiner Ausstellung das Metropoliten Museum durchwandert, um die Bilder von Petrus Christus zu entdecken.[33] Andererseits ist er in der japanischen Kultur Zuhause. Man kann von einem globalen Künstler sprechen, der es versteht, östliche, meditative Ideen mit Motiven der westlichen Kultur zu verbinden.

Es sei noch einmal ein Vergleich mit Friedrich gewagt. Eugen Blume skizziert Friedrichs Landschaften als „Andachtslandschaften“[34], da er das Profane sakralisiert hat. Gekoppelt war dies für Friedrich mit akribischem Naturstudium und innerer Betrachtung. Die kontemplativen Seascapes Sugimotos sind „Andachtslandschaften“ in der Form unserer Zeit. Richter ahmt bei seinen Landschaftsbildern offen das Schema Caspar David Friedrichs nach, zum Beispiel dessen Zeichnungen der Insel Rügen von 1801:„ein tiefgesetzter Horizont, ein hoher leerer Himmel, ein unbetonter Vordergrund, (…). Der Verzicht auf eine interessante Komposition und auf einen harmonischen Ausgleich von Massen, von Nähe und Ferne, Licht und Schatten bringt die Unabgeschlossenheit der Landschaft hervor: Zeichnungen und Gemälde präsentieren sich als Ausschnitte eines gleichförmig weiterlaufenden Bandes“.[35]

Sugimoto geht noch konsequenter vor. Das letzte Stück Küste entfällt, nicht ein einziger Stein, kein Wölkchen, kein Vogel ist zu sehen, nur die gleichmäßige Teilung von Himmel und Wasser. Gleichermaßen gilt für Sugimoto das Ausschnitthafte. Die Ausschnitte der Meere von fünfhundert „Seascapes“ ergeben aneinandergereiht ein gleichförmiges, weiterlaufendes Band, das in seinem Ende noch offen ist. Es fasziniert das Paradox der künstlichen Unendlichkeit des einzelnen Bildes und der Serie, es lässt sich keine Grenze fixieren.

2.5 Präzise Unschärfe

Die unscharfe Maltechnik Gerhard Richters bietet sich als ein weiterer Vergleich zu Sugimoto an. Unschärfe ist für Richter eine fotografische Fehlleistung. Er verwischt die noch feuchte Ölfarbe mit weichem Pinsel, um damit auf die Fotografie als Vorlage seiner Malerei zu verweisen. Deutlich erkennt man auf dem 1963 gemalten Bild „Alster“ (Abb. 25) die Verwischungen der grauen Farbe und die bewusst naive, laienhafte Gestaltung der Fotovorlage. Richter entdeckte für seine Malerei Überbelichtung und Unschärfe, die das „Anderssein des Bildes“[36] hervorbringt wie Richter meint.

Wenn Sugimoto für seine Serie der Architekturfotos die Entfernungseinstellung bei der Aufnahme so verschiebt, dass sie unscharf werden, so irritiert er den Betrachter, da dies gegen die Tradition und Präzision von Architekturfotografie gerichtet ist. Die modernen Ikonen der Architektur, wie das Seagram Building von Mies van der Rohe, werden in extremen Verwischungen dargestellt. (Abb.26 u. 32) Unscharfe Fotos konterkarieren das Bestreben der fotografischen Technikentwicklung absolute Schärfe zu erzielen. Ein unscharfes Bild hört fast auf etwas darzustellen, denn die abgebildeten Objekte beginnen ihre Grenzen zu verlieren und damit auch ihre Unterscheidung. Sugimoto erinnert an einen Trend der 90er Jahre in der Fotografie, den man als „Out of Focus“[37] bezeichnen könnte. „Zur Rebellion gegen die Glamourwelt gehört für einige Profis die Abkehr von der makellosen High Tech-Fotografie.“[38] Hier wurde allerdings nicht nur Schärfe vernachlässigt, sondern auch eine sogenannte “Schnappschussanarchie“[39] proklamiert. Sugimotos Arbeitsstil das völlige Gegenteil, seine Planung und Ausführung ist absolut präzise. Verweigert er in den Bildern die Schärfe eines Architekturfotografen, übernimmt er andererseits die Technik der Optikverschiebung an der Kamera, damit in den New Yorker Hochhausschluchten keine stürzenden Linien entstehen. Die Ausführung der großen Abzüge hat etwas delikates, fast malerisches. Die unscharfen Fotos erinnern auch an das „Flat Iron Building“ am Broadway, das Alfred Stieglitz fotografierte, das Gebäude wird durch künstliche Unschärfe wiedergegeben und wirkt dadurch wie eine abstrakte Form, wie ein Fels im Garten. Stieglitz versuchte damit Malerei nachzuahmen.

Wie in allen anderen Werkgruppen hat Sugimoto die Serie zeitlich unbegrenzt angelegt. Seit 1997 fotografiert er Bauwerke der zeitgenössischen Architektur. Wie bei den Aufnahmen der Meeresstücke reist Sugimoto um die halbe Welt, um sich der Architektur zu widmen. Auch hier erfolgt eine gründliche Recherche und übrig bleibt eine Abbildung, die das Technische, die Konstruktion zurückdrängt und das Gebäude in seiner Wirkung von Licht und Schatten modelliert. Die Wiedergabe ist silhouettenartig und monolithisch, als wäre es mit einer Camera obscura aufgenommen.

Sugimoto äußerte sich zu dieser Serie, „(…) dass er mit dem Prinzip der Unschärfe den Entwurfsgedanken, die eigentliche Idee der jeweiligen Architektur herausstellen wollte.“[40] Mies van der Rohe bedauerte, dass die Stahlskelette von Hochhäusern wieder zugemauert wurden, und damit auch die kühnen, konstruktiven Gedanken der Architekten.[41] Im Seagram Building wird das Stahlskelett deshalb durch die bronzenen Bänder in der äußeren „Glashaut“ sichtbar gemacht. Das Haus kratzt an die Wolken und in seiner „gläsernen Gardine“ spiegelt sich der Himmel. Wolkenkratzer sind ein Ausdruck unserer perfekten Zivilisation, mit geringstem Aufwand allerhöchste Effizienz zu erzielen, gleichsam ein Sinnbild für die Macht des Kapitals. Die Seagram Corporation feierte 1958 ihr hundertjähriges Bestehen mit der Fertigstellung des neuen Bürogebäudes.

Sugimoto interpretiert die Gedanken Mies van der Rohes um. Die leichte Glashaut wird fast in Dunkelheit gehüllt, er verwandelt alle Gebäude in eine naturhafte Silhouette und tilgt die sichtbare Funktionalität. Wie bei den Seascapes ignoriert er Details und das unscharfe „Seagram Building“ lässt in seinem extremen hell-dunkel Kontrast an Night Seascapes denken. Thomas Kellein spricht von „erhabenen Klumpen und Gruften“.[42] Es hat den Eindruck als würde Sugimoto den Glauben an die moderne Zivilisation zurückführen wollen auf schwarze und weiße Steinquader versunkener Kulturen. Die Größe der Fotos, ihre unscharfe Dunkelheit wirken bedrohlich. Ihr aggressiver Ausdruck, das „Unscharfe“ ist wie eine Mauer die Zugang und Eingang verwehrt. Durch unscharfe Bilder kann man nicht hinein oder hindurchsehen, es ist, als ob die Aussage verweigert werden sollte. „Als große, das Gesichtsfeld füllende Kolosse mit depressiven Implikationen wirken die Bauten, auch in ihrer Alleinstellung, absurd. Sie haben Farbe und Kontur verloren, bis sie fast amorph geworden sind. Als schweigend schöne Sarkophage zielen sie auf die Einkehr in ein tiefes, abstraktes Dunkel, das von einem Lichtkranz umfasst und gelegentlich wie ein Goldhelm mit Glanz versehen ist. Auch die profansten Werke des 20. Jahrhunderts können so ihren Sinn als menschlich-göttliche Ahnen erhalten.“[43]

 3. „Dioramas“
3.1 Realität und Schein: Historisches zu Dioramen und Panoramen

 Nancy Spector weist darauf hin, „dass es kaum ein Zufall sein kann, dass Daguerre nicht nur einer der Urväter der Fotografie, sondern auch der Urheber des Dioramas ist.“[44] Daguerre gilt zusammen mit Bouton als Erfinder des Dioramas und hat mit ihm 1822 ein eigens dafür errichtetes Haus eröffnet, indem die Zuschauer in einem theaterähnlichen Raum in völliger Dunkelheit saßen. Durch eine doppelseitige und transparente Malweise konnten Bilder be- und durchleuchtet werden, sodass sich je nach Beleuchtung unterschiedliche Motivdetails und Stimmungen darstellen ließen, wie z.b. Morgen- oder Abendstimmung. Im ersten aufgeführten Diorama wurde ein Bild des Schweizerischen Sarnen-Tales gezeigt, dazu eine Seitenkapelle der Kathedrale von Canterbury. Die Bilder wurden umgeben von wallenden Nebeln, ziehenden Wolken, sprühenden Wasserfällen, von auf- und abziehenden Gewittern. Ständig war etwas in Bewegung, sogar Türen öffneten sich. Stufenlose Lichtveränderungen mit verschiedenen Helligkeitsstufen hatten außerdem kolorierte Blenden. Das Publikum begriff die Darstellungen als wahre Wunderwerke. Es wurde nicht als eine Abbildung gesehen, sondern als Realität erlebt.[45] Innerhalb des Dioramas wurden Bilder der Transparentmalerei[46] verwendet und mit realen Gegenständen umgeben, dazu gab es Geräusche und Musik. Der romantische Zeitgeist begriff dies als eine Art Gesamtkunstwerk.

Daguerre steigerte sein Verfahren, indem er für die „Installationen“ mit Hilfe einer Camera obscura vor Ort Skizzen anfertigte. Die realen Objekte wurden übermalt, um sie besser auf das Bild abzustimmen, „wodurch er erreichte, dass die Grenze zwischen Realität und Schein für den Betrachter tatsächlich verschwand. Die Zeitungen berichteten immer wieder, dass die Zuschauer Operngläser mitbrachten, um herauszubekommen, wo das Bild begann.“[47] Das erste Diorama in Deutschland wurde 1826 in Breslau mit Bildern vom Vesuv und Neapel eröffnet.[48] Die Dioramen fanden in den europäischen Großstädten schnell Verbreitung, Die „Installationen“ wurden auf Reisen geschickt. Die Sujets wechselten, so wurden Reisebeschreibungen gezeigt, die teilweise Seegang imitierten oder Naturbilder, die die Sehnsucht des Städters nach unberührter Natur ausdrückten, während für die Vorliebe der Besucher von romantischen Sujets Kirchenruinen zu sehen waren, Darstellungen der Historie und von Katastrophen waren ebenso gefragt.[49] Der Vorläufer des Dioramas wurde erstmals unter dem Namen „Panorama“ 1787 von dem Portraitmaler Robert Barker patentiert. Das Bild des Pariser Panoramas von 1800 hatte einen Durchmesser von 17 Meter und seine Höhe betrug 7 Meter. In der Mitte des Raumes, auf halber Höhe, saßen die Zuschauer auf einer Plattform. Über den Zuschauern befand sich eine Zwischendecke, die das einfallende Deckenlicht abschirmte, so dass die Zuschauer im Halbdunkel standen. Die Ränder des Bildes waren abgedeckt, sodass das Licht nur die Leinwand beleuchtete und dadurch die illusionistische Wirkung gesteigert wurde.[50]

3.2 Der Fotograf der Urgeschichte, oder ein „Reiseführer für Außerirdische“

Sugimoto fotografiert seit 1976 in naturkundlichen Museen Dioramen, d.h. plastisch wirkende Schaubilder, bei denen Gegenstände vor einem illusionistisch gemalten oder fotografierten Rundhorizont aufgestellt sind und teilweise in diesen übergehen. Die präparierten Figuren stehen vor einem künstlichen Hintergrund. (Abb.27) Das Einfügen der ausgestopften Tiere in die Hintergrundlandschaft mit den dunklen Wolken und den fliegenden Vögeln wirkt eigenartig real. Durch die Schwarz-Weiß-Fotografie sind die Unstimmigkeiten des unechten Hintergrundes oder der gemalten Umgebung schwieriger auszumachen. Außerdem werden jegliche Hinweise auf den musealen Rahmen wie Hinweisschilder, Verglasungen und Einfassungen ausgeblendet. Durch die Verflachung der Perspektive im Foto wird zusätzliche Unsicherheit erzeugt. Wenn wir im Naturkundemuseum vor einem Diorama stehen, ist der fiktive Realismus durchschaubar und bewusst. Sugimoto behandelt jedoch die Dioramen wie Abbilder der Wirklichkeit und erzeugt eine neue, wiederauferstandene Realität. Anders gesagt: „Die Dioramen, die im Namen der Wissenschaft und Bildung entstanden sind, bestechen durch die Authentizität ihrer Fälschung.“[51]

Das Diorama Daguerres ist ebenso ein Paradox wie die Fotos von Sugimoto: Ein begrenzter Raum oder ein begrenztes Bild soll einen von allen irdischen Begrenzungen freien Raum darstellen. Die Wirklichkeit ist also richtig und falsch zugleich, die Zeit ist eingefroren und Bewegung eine Illusion. Die Bilder der Dioramen führen uns den Widerspruch eines jeden Erinnerungsfotos vor, dabei friert der Fotograf durch das Festhalten eines Ausschnittes eine Szene ein, die dann beim Betrachten wieder zum Leben zu erweckt wird. Die Bewegungslosigkeit in den Fotos von Sugimoto bringt Bewegung in unsere Sehweise und stürzt uns in ein Wechselbad der Wahrnehmungsmöglichkeiten, behauptet Roger Denson, denn „durch das Fehlen jeder Bewegung fordert er unsere herkömmlichen, fixen Vorstellungen von Wirklichkeit heraus, obwohl er ebendiese Vorstellungen in ihrer vollen körperlich-sinnlichen, wenn auch irreführenden Pracht präsentiert.“[52]

Wenn man Sugimotos Fotos der Dioramen betrachtet, verflüchtigt sich das Wissen um die Künstlichkeit, die eigentlich synthetische Entstehung beginnt sich aufzulösen. Beim Betrachten von Fotos stellt sich jenes Gefühl ein, das Susan Sonntag als magisch bezeichnet hat, das heißt eine Fotografie ist nicht nur allein wie ihr Gegenstand, sondern sie erweitert ihn.[53] Das Ausgestopfte scheint in Sugimotos Bildern lebendig zu werden. (Abb. 28) Ralph Rugoff beschreibt in seinem Artikel „Halbtot“ die Tiere der Dioramen als wären sie lebende Requisiten, die in einem Fernsehspot für Autos oder Bier posieren.[54] Das prähistorische Paar des Bildes „sieht dagegen so aus, als wäre es gerade erst von einem Club Med auf dem Planeten der Affen herübergeschlendert“.[55] (Abb.29) Warum, so fragt Rugoff weiter, ist uns vorher nie die Absurdität eines Dioramas aufgefallen. „Vielleicht ist es einfach die Art, wie wir gewohnt sind, Dinge mit einem distanzierten Blick zu betrachten, als wäre die Welt selbst hinter Glas – was sie für uns ja auch zunehmend ist, sei es das Glas einer Vitrine, einer Windschutzscheibe, eines Fernsehschirms, eines Überwachungsmonitors oder eines Computerterminals.“[56]

Ein Foto ist ein eng begrenztes Spiegelbild der Realität. Es scheint, als würde Sugimoto darüber hinausgehen und mit dem Fotoapparat eine neue, eigene Realität schaffen. Er erzeugt eine künstliche, eine konstruierte, eine ausgestopfte Wirklichkeit, die er aber in einer Weise festhält als wäre sie Wirklichkeit. Stephan Berg weist daraufhin, dass die Kölner Fotografin Ursula Wevers 1982 im New Yorker Naturkundemuseum ebenfalls die künstliche Wirklichkeit der gemalten Panoramen und der ausgestopften Tiere fotografiert hat. Ihr Ansatz jedoch ist ein anderer. Ihre Aufnahmen wirken so echt, als wären sie in freier Wildbahn fotografiert. Zudem sind sie farbig.[57] Sie arbeitet nicht mit dem Stativ wie Sugimoto. Ihr Prinzip ist, dass durch Drehen der Kamera während der Aufnahme die Illusion von Bewegung und eine Veränderung der Stellung ihres Fotoobjektes erzeugt werden. So hat sie antike Figuren fotografiert, die wie „befreit“ erscheinen, schreibt Susanne Wedewer über sie, denn die Fotografie hat grundsätzlich eine Tendenz ähnlich zu wirken wie eine klassische Skulptur.[58]

Sugimoto hatte ursprünglich die Idee, die Bilder von Dioramen und der Portraits aus den Wachsfigurenkabinetten in einem Buch zu einer Art Bildererzählung zusammenzufassen. „Der Titel des Buches sollte ‚A First Visitor´s Guide‘ lauten. Es ist ein Reiseführer für Außerirdische, die unseren Planeten zum ersten Mal besuchen, und erklärt, was es auf der Erde zu sehen gibt, und was für Leute hier leben. Das Buch zeigt, wie auf der Erde Leben entstand. Anhand von Naturkundemuseen und Wachskabinetten – lauter Fälschungen, die angeblich naturwissenschaftliche oder geschichtliche Wirklichkeit präsentieren.“[59] „Der Fotograf ist wohl oder übel damit befaßt, die Realität zu antiquieren“, so Sonntag „und jede Fotografie wird sofort zur Antiquität. Das Foto ist ein modernes Gegenstück zu einem typischen romantischen Genre der Baukunst: der künstlichen Ruine, die den historischen Charakter einer Landschaft unterstreichen und der Natur Suggestionskraft verleihen soll – die Suggestion der Vergangenheit.“ [60] Sugimotos „künstliche Ruinen“ suggerieren uns historische Dimensionen. Die Illusion ist aber transparent, denn unser Auge nimmt die mumifizierte Erstarrung des Dargestellten wahr und es stellt sich für den Betrachter die Frage nach der Verlässlichkeit unserer Wahrnehmung. Es ist paradox: Totes wird zu Lebendigem erweckt und beim Betrachten nehmen wir allmählich die Erstarrung des Toten wahr. Sugimoto hat für die Dioramen auch den Titel „Stillleben“ erwogen, „weil sich das Leben in ihnen tatsächlich im Stillstand befindet. Das einzige, was in diesen von mir fotografierten Museums-Arrangements fehlt, ist das Leben.“[61] Dioramen sind für Sugimoto „wissenschaftliche Märchen.“[62] Das Bezaubernde und humorvolle seiner Arbeit liegt sicherlich in der Illusion, als wäre er der erste Fotograf der Urgeschichte oder von wirklichen Märchen. (Abb.30)

4. Sugimotos Schwweben zwischen Visualität und Virtualität

Seit 1978 hat Sugimoto für die Serie „Lichtspielhäuser“, genannt „Theaters“, amerikanische Kinos der 20er und 30er Jahre und ab 1992 Autokinos fotografiert. Autokinos sind die in den 50er und 60er Jahren in Mode gekommenen Tempel der Schnelligkeit und waren eine Kombination aus dem Geschwindigkeits- und Fortschrittsideal Auto, ein Schnellimbiss und Freizeitvergnügen. Sugimoto positioniert seine Kamera in das dunkle Areal des Kinos, während der ganzen Filmvorführung bleibt die Blende geöffnet und die lange Belichtungszeit lässt die Filmleinwand in gleißendem Weiß erscheinen, während die Umwelt, beleuchtet durch den Lichtschein des Filmes, wie in einer Art Zwielicht wiedergegeben wird. (Abb. 31) Der Besucher eines Autokinos kann dieses Umfeld während der Vorführung nicht erkennen. Auf dem Nachthimmel sind die Spuren von Flugzeugen wie Sternschnuppen zu sehen. Über eine Stunde der gezeigten Bilder ist absorbiert und ergeben ein einziges Nichts, was aber alles enthält, der Film ist als Ganzes gespeichert, während seine Einzelbilder vernichtet wurden. Die weiße überbelichtete Leinwand, als „eine Art Ur-Matrix, auf die alles, inklusive unserer Betrachterphantasien projiziert werden kann, und gleichzeitig als Fenster in die Unendlichkeit eines immateriellen Lichtraums.“[63] Die „Theaters“ sind mit ihrer scheinwerferartigen Beleuchtung des Umfeldes im Bereich der Kinoleinwände eine allegorische Darstellungsweise des Diesseits und das weiße Rechteck der Leinwand ein Fenster ins Jenseits.

Trotz der sehr unterschiedlichen Themen ist das Werk Sugimotos in sich außerordentlich kohärent. Sugimoto erschließt seine Themen über das Serielle, um die Unterschiede in der Ähnlichkeit oder die Ähnlichkeit in den Unterschieden aufzuzeigen. Die Serien haben großen konzeptionellen Anspruch und sind zeitlich unbegrenzt angelegt.

Die Welt des flüchtigen Augenblicks, in einer immer mehr zunehmenden Reizüberflutung, ist seinen Bildern fremd, sie sprechen von Ruhe und Zeitlosigkeit. In seinen Kompositionen konzentriert er sich auf das Wesentliche, kein unnötiges Detail stört die schlichte Spannkraft seiner Bilder. Durch die hoch entwickelte Qualität der Schwarz-Weiß-Bilder besitzen sie eine Wirkung, die in der vertrauten Welt der Farbe verloren geht, denn der Reichtum an Tonwerten im Spannungsfeld von Licht und Schatten ist vielfältig und differenziert. Seine Arbeiten schweben zwischen der ihr innewohnenden Kraft und ihrer optischen Greifbarkeit.

Eine Fotografie hält normalerweise einen bestimmten Zeitabschnitt fest. Sugimoto fertigt in seinen Serien verschiedene Ausschnitte und Ansichten, also immer gewisse Zeitspannen. Jeder Blick ist ein bestimmter Zeitpunkt. Er weigert sich diese Einschränkung hinzunehmen und treibt ein Spiel mit der Zeit. Er beschränkt sich nicht auf die Bruchteile von Sekunden, sondern erschließt dem Betrachter andere Zeitdimensionen, Zeitverdichtungen, Zeitsprünge und Zeitschichtungen. Zeit interessiert ihn nicht als etwas Messbares im Sinne unseres Uhrzeigers. Es ist eine eigentümliche Zeitaneinanderreihung, die er betreibt, indem er den Fluss der Zeit in Stasen versucht festzuhalten. Seine Serie Seascapes kommt einer Notation gleich, die aneinandergereiht ein musikalisches Meerespanorama ergibt. Die Flüchtigkeit des Seins wird deutlich und kann auch vergessen werden, da sie in größeren Dimensionen gedacht ist, nicht das, was gerade eben passiert, interessiert ihn, sondern das Gewesene im Jetzt. Für ihn zählt die dauernde Wiederkehr im Vergangenen. Sugimoto ist ein Architekt der Zeit, um seinen Ausstellungstitel in Bregenz aufzugreifen. Der andere Titel Sugimotos: „Time exposed“, entwickelte Zeit, im Sinne von Sichtbarmachung des zuerst latenten und dann sichtbaren Entwicklungsprozesses kann auch als enthüllte, entlarvende oder bloßgestellte Zeit im mehrfachen Sinn des Wortes gedeutet werden. Der Moment des Fotografierens ist für ihn nicht flüchtig, sondern etwas Zeitloses.

Eine fotografische Linse kann ein verschlingendes Potential in sich bergen, sodass der Fotograf „aufnimmt“, das heißt Objekte einverleibt. Die Ansammlungen fotografischer Bilder wirken oftmals wie Vorratskammern von Fastfood. Obwohl Sugimoto mit seinen Serien ebensolche Vorratskammern anlegt, sind seine Arbeiten keine „Schnapp“-Schüsse, keine Einverleibung, sondern kontemplativ, in gewisser Weise religiös.

Was ist wichtig, was vergeht, was bedeutet Leben und Tod, das sind die Fragen die er aufwirft. „Jede Fotografie ist eine Art memento mori“ sagt Susan Sonntag, „Fotografieren bedeutet teilnehmen an der Sterblichkeit, Verletzlichkeit und Wandelbarkeit anderer Menschen (oder Dinge). Eben dadurch, daß sie diesen einen Moment herauszugreifen und erstarren lassen, bezeugen alle Fotografien das unerbittliche verfließen der Zeit.“[64]

Sugimoto geht mit seinen Fotos über diese Erkenntnis hinaus, er spielt damit, den schmalen Ausschnitt von Raum und Zeit eines Fotos zu sprengen und lässt gleichzeitig die Widersprüchlichkeit sichtbar werden.

5. Abbildungsverzeichnis
(Abb.1)
Hiroshi Sugimoto: „Caribbean Sea, Jamaica“, 1980. Gelatinesilberdruck 50,8x61cm. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 11.
(Abb.2)
Hiroshi Sugimoto: „North Pacific Ocean, Mount Tamalpais“, 1994. Gelatinesilberdruck 50,8x61cm. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 45.
(Abb.3)
Hiroshi Sugimoto: „Japanisches Meer, Rebun Island“, 1996. Foto auf Silbergelatine-Barytpapier 152x182cm. In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 71.
(Abb. 4 u. 5)
Alain Buttard: Fotografien aus der Serie „L´atelier inaccessible“. 7 Fotos 55x50cm. (o.J.) In: Hans Günter Golinski u. Sepp Hikisch-Picard (Hrsgg.): Zen und die Westliche Kunst. Kat. Ausst. Köln. Bochum 2000, S. 184 u. 185.
(Abb.6)
Caspar David Friedrich: „Kreidefelsen auf Rügen“ von 1818. Öl/Leinwand 90×70 cm. Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart. In: Charles Scala. C. D. Friedrich und der Geist der Romantik. Paris 2001, S. 161.
(Abb.7)
Hiroshi Sugimoto: „Baltic Sea, Rügen“, 1996. Gelatinesilberdruck 50,8x61cm. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 37.
(Abb.8)
Hiroshi Sugimoto: „Red Sea, Safaga“, 1992. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46 (Mai 1996), S. 128.
(Abb.9)
Hiroshi Sugimoto: „Ionien Sea, Santa Cesarea III“, 1990. S. 129 In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46 (Mai 1996), S. 129.
(Abb.10)
Caspar David Friedrich: „Meer mit aufgehender Sonne“, oder der „Schöpfungsmorgen“ von 1826. Sepia über Bleistift 18,7×26,5cm. Kunsthalle Hamburg. In: Robert Rosenblum: Die moderne Malerei und die Tradition der Romantik. Von C.D. Friedrich zu Mark Rothko. München 1981, S. 25.
(Abb.11)
Hiroshi Sugimoto: „Kattegat, Kullaberg“ 1996. Foto auf Silbergelatine-Barytpapier 152x182cm. In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 69.
(Abb.12)
Caspar David Friedrich: „Der Mönch am Meer“ von 1809. Öl/Leinwand 110×171,5cm. Nationalgalerie Berlin. In: Charles Scala. C. D. Friedrich und der Geist der Romantik. Paris 2001, S. 126/127.
(Abb.13)
Hiroshi Sugimoto: „Bodensee, Uttwil“, 1993. Foto auf Silbergelatine-Barytpapier 152x182cm. In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 65.
(Abb.14)
Hiroshi Sugimoto: „Lake Superior, Cascade River“, 1995. Foto auf Silbergelatine-Barytpapier 152x182cm. In Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 67.
(Abb. 15)
Mark Rothko: „Untitled 1969“. Acryl 233,5x200cm. Collektion of Christopher Rothko. In: Cihua Delia (Red.): Mark Rothko, “A consumated experience between picture and onlooker.” Kat. Ausst. Basel. Ostfildern-Ruit 2001, S. 162.
(Abb.16)
Hiroshi Sugimoto: „Bass Strait, Table Cape“, 1997. 152x182cm. In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 77.
(Abb. 17)
Gerhard Richter: „Seestück“, 1998. Öl/Leinwand 290x290cm. Privatbesitz. In Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 109.
(Abb.18)
Gerhard Richter: „Seestück“, 1998. Ö/L 290x290cm, Privatbesitz. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 111.
(Abb.19)
Gerhard Richter: „Seestück (bewölkt)“, 1969. Öl/Leinwand 200x200cm. Privatbesitz Berlin. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 51.
(Abb.20)
Gerhard Richter: „Seestück (See-See)“, 1970. Öl/Leinwand 290x290cm. Privatbesitz. In Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 53.
(Abb. 21)
Gerhard Richter: „Vesuv“, 1976. Öl auf Holz 73x105cm. Privatsammlung. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 69.
(Abb. 22)
Gerhard Richter: „Davos“, 1981. Öl/Leinwand 50×70 cm. Privatsammlung. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 70.
(Abb. 23)
Gerhard Richter. „Garmisch“, 1981. Öl/Leinwand 86x122cm. Mr. And Mrs. Robert Lehrmann, Washington, D.C. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 73.
(Abb. 24)
Hiroshi Sugimoto: „Portrait der Cappellini Giulia, (1862–1918)“. (o.J.) In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 80.
(Abb.25)
Gerhard Richter: „Alster“, 1963. Ö/L 62×84. Sammlung Olbricht. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 41.
(Abb.26)
Hiroshi Sugimoto: „Seagram Building, Ludwig Mies van der Rohe“, 1997. Fotografie auf Silbergelatine-Barytpapier 182x152cm. In: Eckhard Schneider: Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002, S. 41.
(Abb.27)
Hiroshi Sugimoto: „Hyena, Jackal, Vulture“, 1976. American Museum of Natural History, New York. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46 (Mai 1996), S. 140.
(Abb.28)
Hiroshi Sugimoto: „Gorillas“, 1994. Gelatinesilberdruck 50,8x61cm. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 19.
(Abb.29)
Hiroshi Sugimoto: „Earliest Humen Relatives“, 1994. American Museum of Natural History, New York. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Zürich. Parkett Nr. 46 (Mai 1996), S. 134/135.
(Abb. 30)
Sugimoto: „Neanderthal“, 1994. Gelatinesilberdruck. 50,8x61cm. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 56.
(Abb.31)
Hiroshi Sugimoto: „Union City Drive-In Theater, Union City“, 1993. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46 (Mai 1996), S. 147.
(Abb.32)
Ludwig Mies van der Rohe, Seagram Building, New York, 375 Park Avenue, 1954-1958. In:Susanna Partsch: Sternstunden der Kunst. Von Nofretete bis Andy Warhol. München 2003, S. 208.

Fussnoten

[1] Vgl. Tracey Bashkoff: Die Geschichte der Welt: Ein Gespräch mit Hiroshi Sugimoto. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000, S. 26-41, hier S. 26 u. 27.
[2] Vgl. Stefan Berg: Hiroshi Sugimoto. In: Kunstforum Bd. 130 (1995) S. 384-386, hier S. 384.
[3] Eva Thole (Red.): Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz 2001, S. 6.
[4] Alain Buttard ist 1946 in Frankreich geboren. Sein Studium absolvierte er an der Schauspielschule in Straßburg und am Theater Tessenkï in Japan. Er war Schüler eines Noh-Meisters. Japan´s Kultur und der Zen-Buddhismus hat, eine bleibende Spur bei ihm hinterlassen. Mitte der 80er Jahre begann er zu fotografieren. 1995 erfolgte die Berufung als Professor an die Ecole D´Art d´Aix en Provence und die Vollendung seines Fotobandes „L´atelier inaccessible. Vgl. Hans Günter Golinski u. Sepp Hikisch-Picard (Hrsgg.): Zen und die Westliche Kunst. Kat. Ausst. Köln. Bochum 2000, S. 211.
[5] Thomas Kellein: Naturverehrung und Ahnenkult im Werk von Sugimoto. In: Schneider Eckhard (Hrsg.): Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002. S. 47-55, hier S. 51.
[6] Hiroshi Sugimoto: Noh such thing as time. In: Schneider Eckhard (Hrsg.): Hiroshi Sugimoto. The architecture of time. Kat. Ausst. Bregenz. Köln 2002. S. 79-84, hier S. 79.
[7] Vgl. Bashkoff, S. 34.
[8] Ebd.
[9] Helmut Börsch-Supan: Die Deutsche Malerei von Anton Graff bis Hans von Marées. München 1988, S. 191.
[10] Ausstellungstitel der Kunsthalle Basel 1995.
[11] Thomas Kellein: Hiroshi Sugimoto. Erleuchteter Atheismus. Glaubensstrukturen im Werk von Hiroshi Sugimoto. In: Matthias Flügge u. Friedrich Meschede (Hrsgg): Warum! Bilder diesseits und jenseits des Menschen. Kat. Ausst. Berlin. Ostfildern-Ruit 2003. S. 278-289, hier S. 278.
[12] Robert Rosenblum: Die moderne Malerei und die Tradition der Romantik. Von C.D. Friedrich zu Mark Rothko. München 1981, S. 25.
[13] Sugimoto, S. 79.
[14] Vgl. Helmut Börsch-Supan u. Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, Sonderband). München 1973, S.302.
[15] Vgl. Kellein, Naturverehrung und Ahnenkult im Werk von Sugimoto, S. 51.
[16] Rosenblum, S. 224-225.
[17] Bashkoff, S. 29.
[18] Ebd., S. 9.
[19] Kellein, Hiroshi Sugimoto. Erleuchteter Atheismus, S. 286.
[20] Bashkoff, S. 34 u. 35.
[21] Ebd., S.33.
[22] Elger, S. 22.
[23] Hubertus Butin: Die unromantische Romantik Gerhard Richters. In: Christoph Vitali (Hrsg.): Ernste Spiele. Der Geist der Romantik in der deutschen Kunst 1790-1990. Kat. Ausst. München. Stuttgart 1995, S. 454-456, hier S. 456.
[24] Oskar Bäbelmann: Landschaft in Unschärfe. In: Dietmar Elger (Hrsg.): Gerhard Richter. Landschaften. Kat. Ausst. Hannover 1998/99. Zweite unveränderte Auflage. Osfildern-Ruit 2002, S. 24-38, hier S. 36, Anm. 14.
[25] Zsolt Petrányi: Ist Zen ein Stil? In: Hans Günter Golinski u. Sepp Hikisch-Picard (Hrsgg.): Zen und die Westliche Kunst. Kat. Ausst. Köln. Bochum 2000. S. 191-195.
[26] Ebd., S. 194 u. 195.
[27] Sugimoto, S. 79-84.Mit dem Wort „Noh“ im Titel spielt er auf das traditionelle japanische Noh Theater an, das während der Bregenzer Ausstellung gezeigt wurde. Die Kulisse mit Bildern von Kiefernbäumen und Seascapes, sowie die Bühne entwarf Sugimoto selbst. Das japanische Wort Noh bedeutet vollkommen. Noh Theater ist eine stilisierte Bühnenaufführung die aus kultischen Tänzen und volkstümlichen Singspielen hervorgegangen ist. Die Schauspieler tragen Masken, bewegen sich äußerst konzentriert, ihre symbolischen Bewegungen sind sehr reduziert. Es wird kein Stück gespielt, sondern eher ein Ritual vorgetragen, das Stimmungen vermittelt. Unterstrichen wird das Spiel durch rhythmische Texte und klassische japanische Musik.
[28] Sugimoto, S.79.
[29] Ebd., S.81.
[30] Walter Benjamin. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt 1977, S. 50.
[31] Ebd.
[32] Ebd.
[33] Vgl. Bashkoff, S.33 u. Kellein, Hiroshi Sugimoto. Erleuchteter Atheismus, S. 286.
[34] Butin, S. 454.
[35] Bäbelmann, S. 28.
[36] Ebd., S. 35.
[37] Manfred Zollner: Out of Focus. Statt Autofokus. Fototrends der 90er Jahre. Augsburg, 1997.
[38] Ebd., S. 17.
[39] Ebd., S. 11.
[40] Kellein, Naturverehrung und Ahnenkult im Werk von Sugimoto, S. 51.
[41] Vgl. Susanna Partsch: Sternstunden der Kunst. Von Nofretete bis Andy Warhol. München 2003, S. 211.
[42] Kellein, Naturverehrung und Ahnenkult im Werk von Sugimoto, S. 50.
[43] Ebd., S.51.
[44] Nancy Spector: Rekonstruktion des Realismus. In: Marga Taylor (Red.): Sugimoto Portraits. Kat. Ausst. Berlin. New York. Ostfildern-Ruit 2000. S.10-23, S.17.
[45] Vgl. Heinz Buddemeier: Panorama. Diorama. Photographie. Entstehung und Wirkung neuer Medien im 19. Jahrhundert. (=Band 7 Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste). München 1979, S. 26.
[46]Vgl. Birgit Verwiebe: Transparentmalerei und Romantik. In: Christoph Vitali (Hrsg.): Ernste Spiele. Der Geist der Romantik in der Deutschen Kunst 1790–1990. Kat. Ausst. München. Stuttgart 1995, S. 532-537.
Die Ursprünge der Transparentmalerei liegen im späten 18. Jahrhundert. Jacob Phillip Hackert hat sich wohl als erster damit befasst. Schinkel malte in Berlin bereits 1807/1815 Transparentbilder die zusammen mit Musik gezeigt wurden und als ein gesellschaftliches Ereignis von größtem Range galten. Caspar David Friedrich lies sich in seiner letzten Schaffensperiode von Dioramen inspirieren und malte Transparentbilder, die mit einer Lichtinstallation und Musik in Petersburg aufgeführt wurden. Dieses Werk gilt als verschollen. Ein anderes Exemplar Friedrichs hat sich erhalten und befindet sich in der staatlichen Kunstsammlung Kassel.
[47] Buddemeier, S. 33 u. 34.
[48] Vgl. Gernsheim Helmut u. Alison Gernsheim: Daguerre. The History of the Diorama and the Daguerreotype. 2 rev. ed. New York. Dover 1968, S. 46.
[49] Vgl., Buddemeier S. 42.
[50] Ebd. S. 17.
Das Panorama geriet in Konkurrenz zur Neuerfindung des Dioramas, deshalb entwickelte Langlois 1831 das Panorama weiter. Er stellte die Seeschlacht von Navarin (1827) dar. Dafür kaufte er das von Heldensagen umwobene und zum Verschrotten bereitgestellte Schlachtschiff Scipion. Das Hauptstück des Schiffes die Deckaufbauten, bildeten das Zentrum des Panoramas. Er ließ das Publikum durch die unter Deck liegenden Räume auf die Kommandobrücke steigen und von dort aus das Rundbild der Schlacht bestaunen. „Die besondere Kunst Langlois´ bestand darin, die realen Schiffsteile und die gemalte Darstellung so aufeinander abzustimmen, das man den Übergang nicht erkennen konnte. Diese Technik führte zu einer, wie das „Journal de Artistes“ feststellte, bisher unerreichten Vermischung von Materie und Realität.“ Buddemeier, S.33.
[51] Spector, S. 18.
[52] Roger Denson: Belichtung und Erleuchtung. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46. Zürich, (Mai 1996). S. 146-150, hier S. 146.
[53] Vgl. Susen Sonntag: Über Fotografie. München. Wien 1978, S. 142-143.
[54] Vgl. Ralph Rugoff: Halbtot. In: Die Parkett-Reihe mit Gegenwartskünstlern. Parkett Nr. 46. (Mai 1996). S. 137-142, hier S.139.
[55] Ebd.
[56] Ebd.
[57] Vgl. Stephan Berg u. Ursula Wevers (Hrsgg.): Ursula Wevers. Photographie. Kat. Ausst. Freiburg. Siegen 1993. (o. S.).
Ursula Wevers ist Professorin für audiovisuelle Medien an der Uni Wuppertal und lebt in Köln.
[58] Vgl., Susanne Wedewer. Anmerkungen zu den Fotoarbeiten von Ursula Wevers. In: Stephan Berg u. Ursula Wevers (Hrsg.): Ursula Wevers. Photographie. Kat. Ausst. Freiburg. Siegen 1993. (o. S.)
[59] Bashkoff, S. 40.
[60] Sonntag: S. 78.
[61] Kellein, Hiroshi Sugimoto. Erleuchteter Atheismus, S. 282.
[62] Ebd.
[63] Berg, Hiroshi Sugimoto, S. 386.
[64] Sonntag, S. 21.