Burn-Out

Eine Linie ist eine Kraft ………………………………

Gestaltungstherapie für Menschen mit Burnout-Syndrom

„To burn out“ heißt übersetzt „ausbrennen“.

Dieses „Ausgebrannt und Kraftlos sein“ beschreibt den tief greifenden körperlichen, seelischen und geistigen Erschöpfungszustand der Betroffenen.

C.R. Lampart schreibt „es erscheint mir als eine Krankheit unserer Zeit, keine Zeit zu haben, während dem die Zeit vergeht,“(…) damit meint er ein Lebensgefühl, „das Gefühl, sich permanent beeilen zu müssen, weil die Zeit zu knapp ist für all die Dinge, die darin untergebracht werden sollen.“[1] Der Zeitraum unseres Lebens wird dadurch dichter und enger, „so dass manchmal kaum die Luft zum Atmen bleibt. Was darüber verloren geht, das ist die Empfindung von Frei-Raum.“[2]

Das weiße Blatt Papier in der Gestaltungstherapie gibt wieder Raum „voll Spannungen mit tausend leisen Stimmen, erwartungsvoll.“[3]. Im Dialog des Gestalters mit seiner Innenwelt und der äußeren Welt des Bildraumes eröffnet sich ein Zwischenbereich, der zwischen innerer und äußerer Realität liegt. Es ist wie eine dritte Wirklichkeit, ein intermediärer Raum (nach D.W.Winnicott), ein Bereich kreativer und spielerischer Wirklichkeit, in dem es sich anders lebt und leben lässt, als in der äußeren Wirklichkeit und im „richtigen Leben“. Dieser Raum kann spielerisch zur selbstexplorativen Entdeckungsreise und zur Erkundung und Veränderung von Lebensentwürfen „betreten“ werden. „Nachdem ich mir die einzelnen Formen und Elemente meines Lebens vergegenwärtigt hatte, bin ich also daran gegangen, sie in den von mir imaginierten Raum zu bringen, so als wollte ich einen Ausstellungsraum mit meinen Lebensskulpturen füllen. Was stelle ich in die Mitte?, was an den Rand? Welchen Platz und wie viel Raum braucht dies und das?“[4]

„Malen ist Fühlen“, so sagt John Constable. Eine von Burnout betroffene Frau kann sich zurzeit nur in den Augenblicken des Malens spüren und ihren Körper in der „Hitze“ des Gestaltens fühlen. „Der Schwerpunkt der den nichtverbalen Bereich einschließenden Therapien liegt im „Hier und Jetzt“, darin, sich in die Zeitlosigkeit des Augenblicks und in das verschlüsselte Wissen, das in diesem liegt, zu versenken“.[5] In dem Moment, indem sich der Mensch auf den gestalterischen Prozess einlässt, ist er voll auf sein Tun konzentriert und begibt sich dadurch „ in ein anderes Schwingungsfeld, öffnet sich neuen Energien und durchbricht damit einen Circulus vitiosus“.[6]

Schöpferisches, prozeßhaftes Tun aktiviert die „gesunden Anteile“, die die betroffenen Menschen so wie alle Anderen besitzen, zu denen sie jedoch im Moment den Zugang verloren haben.

Auf ihrem Initialbild malt sich eine Frau umrisshaft, „ausgebrannt“, ohne „Substanz“ mit zur Seite nieder geschlagenem Blick, schamvoll, wie sie sagt. Im Gegensatz dazu die bunte Farbenwelt, zu deren Fülle sie keinen Zugang hat. „Ich fühle mich schuldig und fühle Scham, denn ich weiß, dass ich selber für meinen Zustand verantwortlich bin, dass ich ihn selber produziere.“[7]

Jedoch bereits in ihrem dritten Bild trennt sie von der Buntheit ihrer inneren Welt nur noch ein Fenster. Sie ist wieder zur Handelnden in ihrer Welt geworden.

„Das Wunderbarste ist aber: alle diese Stimmen“ (…) der Formen und Farben des Bildes „zu einer einzigen zu summieren – das ganze Gemälde ist zu einem einzigen ‚ich bin da’ geworden“.[8]

Marlene Paul  Kunst-/ Gestaltungstherapeutin DAGTP

(veröffentlicht 2006 in der Engelthaler Rundschau)

[1] Clavigo R. Lampart: Auszeit. In: Kunst und Therapie. Zeitschrift für bildnerische Therapien. Köln, 1/2004, S. 63. Der Autor beschreibt seine eigenen Erfahrungen über das beginnende Bild eines Burnout-Syndroms.
[2] Ebd.
[3] Max Bill (Hrg.): Kandinsky. Essays über Kunst und Künstler. Zürich 1973, S. 177.
[4] Lampart S, 66.
[5] Gertraud Schottenloher. Das Abenteuer des Unbekannten. In (Dergl. Hrg.): Wenn Worte fehlen, sprechen Bilder. München 1994, S. 109.
[6] Ebd.
[7] Lampart, S. 65.
[8] Kandinsky, S. 178.